Hinweis für den Einzelhandel
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat in einer Pressemitteilung vom 10.06.2020 mitgeteilt, dass die vorübergehende Senkung der Umsatzsteuer durch pauschale Rabatte an der Kasse an den Kunden weitergegeben werden darf, ohne die Preisauszeichnung zu ändern.
Diese Ausnahmeregelung gilt jedoch nicht für preisgebundene Artikel, wie z.B. Bücher (Buchpreisbindungsgesetz), rezeptpflichtige Arzneimittel (Arzneimittelpreisverordnung), Zeitungen und Zeitschriften (§ 30 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen).
Einzelfragen
Bitte beachten Sie, dass die Erläuterungen unter der Annahme erfolgen, dass die Absenkung der Umsatzsteuersätze nur den Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2020 betrifft.
Ein besonderes Problem ergibt sich bei Bauleistungen. Bauleistungen erfüllen in der Praxis regelmäßig nicht die Voraussetzungen für Teilleistungen. Es werden zwar häufig wirtschaftlich abgrenzbare Leistungen ausgeführt, überwiegend fehlt es hier aber an einer Vereinbarung von Teilleistungen und der entsprechenden steuerwirksamen Abnahme von solchen Teilleistungen. Dies kann jetzt – je nach Situation – zum Vor- oder Nachteil für die Leistungsempfänger führen.
Werden einheitliche Bauleistungen in der Zeit ab dem 01.07.2020 bis 31.12.2020 ausgeführt (in der Regel ist hier die Abnahme durch den Auftraggeber maßgeblich), unterliegt die gesamte Leistung dem Regelsteuersatz von dann 16 %, unabhängig davon, in welchem Umfang schon (mit 19 %) besteuerte Anzahlungen geleistet worden waren. Entsprechend ist die Leistung dann wieder dem Regelsteuersatz von 19 % zu unterwerfen, wenn die Leistung nach dem 31.12.2020 ausgeführt wird.
Dauerleistungen
Dauerleistungen werden meist für unterschiedlich lange Zeiträume oder ohne zeitliche Befristung vereinbart. Dazu gehören insbesondere sonstige Leistungen (z.B. Vermietungen, Leasing, Wartung, Überwachungen). Diese gelten grundsätzlich an dem Tag als ausgeführt, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet. Somit ist auf Dauerleistungen, die bis zum 30.06.2020 erbracht werden, der Steuersatz von 19% bzw. 7% anzuwenden. Auf Dauerleistungen, die in dem Zeitraum 01.07. bis 31.12.2020 erbracht werden, ist der Steuersatz von 16% bzw. 5% anzuwenden. Hier muss auf die Anpassung der Abrechnungen (Verträge, Dauerrechnungen, etc.) geachtet werden. Wird hier keine Anpassung vorgenommen, wir die überhöht ausgewiesene Steuer auch geschuldet.
Mögliche Ausgleichszahlungen bei langfristigen Verträgen
Bei einer Änderung des Steuersatzes ist für die Prüfung der wirtschaftlichen Auswirkungen immer festzustellen, wer von den Vertragsparteien die Auswirkungen zu tragen hat. Dabei spielt auch die Vorsteuerabzugsberechtigung eine entscheidende Rolle, da bei voller Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers eine Überwälzung der Umsatzsteuer auf den Leistungsempfänger keine Probleme bereiten sollte.
Ist der Leistungsempfänger aber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss geprüft werden, welcher der Vertragspartner die Umsatzsteuer zu tragen hat. Besonderheiten ergeben sich bei langfristigen Verträgen (Abschluss vor mehr als 4 Monaten vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung). Hier kann es zu einem Ausgleich einer Mehr- oder Minderbelastung nach § 29 UStG durch die Vertragsparteien kommen, sofern dem Vertrag keine anderen Regelungen zugrunde liegen.
Praxis-Beispiel:
Tischlermeister T hatte am 15.02.2020 (alternativ: 15.03.2020) einen Vertrag über den Einbau von Fenstern zu einem Preis von 100.000 EUR abgeschlossen (keine Festpreisvereinbarung). Eine vertragliche Vereinbarung über die Umsatzsteuer wurde nicht getroffen. Der Einbau der Fenster ist am 19.7.2020 abgeschlossen.
Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz von 16%. Der Leistungsempfänger kann im Grundfall einen Ausgleich der niedrigeren Umsatzsteuerbelastung verlangen, da der Vertrag mehr als 4 Monate vor Eintritt der Änderung abgeschlossen wurde. In der Alternative kann kein Ausgleich verlangt werden.
Gutscheine
Seit dem 1.1.2019 gelten in Deutschland neue Regelungen für Gutscheine. Soweit aus einem Gutschein eine Leistung unmittelbar zu fordern ist, es sich also nicht nur um sog. Preisermäßigungs- oder Rabattgutscheine handelt, muss zwischen dem sog. Einzweckgutschein und dem Mehrzweckgutschein unterschieden werden.
Diese beiden Formen von Gutscheinen führen zu grundsätzlich unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Ergebnissen:
- Einzweckgutschein: Ein Einzweckgutschein liegt dann vor, wenn der Ort der Leistung (hier also z.B. Deutschland) schon bei Ausgabe des Gutscheins feststeht und sich aufgrund der Leistung die Höhe der Umsatzsteuer eindeutig ermitteln lässt. Liegt ein solcher Einzweckgutschein vor, entsteht die Umsatzsteuer schon bei Verkauf des Gutscheins und jeder weiteren Weiterveräußerung. Die tatsächliche Ausführung der Leistung – wenn also der Gutschein eingelöst wird – ist dann keiner Umsatzsteuer mehr zu unterwerfen.
Werden Zuzahlungen geleistet, sind diese dem jeweils gültigen Steuersatz bei Einlösung zu unterwerfen.
- Mehrzweckgutschein: Ein Mehrzweckgutschein liegt vor, wenn es sich um einen Gutschein handelt, der kein Einzweckgutschein ist, weil entweder der Ort der Leistung oder die sich aus der Leistung ergebende Umsatzsteuer bei Verkauf bzw. Ausgabe des Gutscheins nicht feststeht. In diesem Fall ist der Verkauf dieses Gutscheins nur ein Tausch von Geld in eine andere Form eines Zahlungsmittels und unterliegt keiner Umsatzsteuer. Erst wenn der Gutschein eingelöst wird, unterliegt die tatsächlich ausgeführte Leistung der Umsatzsteuer. Deshalb darf bei einem Verkauf eines Mehrzweckgutscheins noch keine Umsatzsteuer in einer Abrechnung gesondert ausgewiesen werden.
Der temporär abgesenkten Steuersatz führt im Ergebnis dazu, dass Ware, die mit einem Gutschein bezahlt wird, der vor dem 30.06.2020 ausgestellt wurde (mit 19%) dann auch mit 19% versteuert werden. Denn Eine Korrektur findet nicht statt und die Einlösung des Gutscheins beim Kaufvorgang löst weder Umsatzsteuer noch eine Korrektur des Steuersatzes aus.
Rechnungen über Kleinbeträge, Fahrausweise und Belege im Reisegepäckverkehr
Bei diesen Rechnungen kann die Umsatzsteuer mit einem leicht gerundeten Wert von 13,79% (Regelsteuersatz) bzw. 4,76% (ermäßigter Steuersatz) für Leistungen, die im Zeit-raum 01.07. bis 31.12.2020 erbracht werden, ermittelt werden.